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10.03.2008 - Bombenfund

10.03.2008 - Bombenfund in Beindersheim

In der Rheinpfalz vom 11.03.2008 erschien folgender Artikel:

Ortstermin

Als die „Eier" auf das Dorf fielen

BEINDERSHEIM: Zeitzeuge erinnert sich an Fliegerangriff - Räumdienst findet „Blindgänger"

Quelle: Verlag: DIE RHEINPFALZ; Publikation: Frankenthaler Zeitung; Ausgabe: Nr.60; Datum: Dienstag, den 11. März 2008; Seite: Nr.15

Eine fünf Zentner schwere Bombe aus dem Zweiten Weltkrieg ist gestern auf einem Feld am östlichen Ortsrand von Beindersheim gefunden und entschärft worden. Zwischen 14 und 15 Uhr hat das Ordnungsamt der Verbandsgemeinde Heßheim zusammen mit der Polizei und der Feuerwehr die Richard-Wagner-Straße gesperrt und einige Häuser evakuiert. Ein Schulaufsatz über den Zweiten Weltkrieg war es, der den Einsatz ausgelöst hat.

Fliegeralarm, um 12 Uhr an einem klaren Septembertag 1944. „Der Verband kommt. Und wir sehen, wie die Eier runterfallen", erinnert sich Hans Storzum an jenen Tag, als Beindersheim getroffen wird. Am Ortsende zersplittern die Balken von zwei Häusern. Auf seinem Acker zählt der damals 14-jährige Bauernsohn 19 Bombenkrater - und entdeckt ein kleineres Loch, womöglich von einer Bombe gerissen, die nicht gezündet ist. „Wir haben es zugemacht und dann vergessen." Über 60 Jahre.

Erinnert hat sich der Beindersheimer wieder daran, als sein Enkel einen Schulaufsatz über die Kriegszeit schreiben sollte und Storzum ihm von seinen Erlebnissen erzählte. „Ich wusste ungefähr noch, wo die Bombe liegt. Aber die Äcker sind nach der Flurbereinigung anders zugeschnitten." Er meldete das im vergangenen Herbst Klaus Schütz, Bürgermeister der Verbandsgemeinde Heßheim, der wiederum sofort den Kampfmittelräumdienst Rheinland-Pfalz alarmierte.

Die Experten konsultierten die Luftbilder, die die US-Streitkräfte damals von dem Bombenteppich gemacht hatten. „Als Erfolgskontrolle sozusagen", kommentiert Bernd Heuer. Er ist der Kommandoleiter in der Räumgruppe Worms. Jemand, „der Sicherheit produziert", sagt er.

Seit Tagen schon suchen seine Leute nun mit einem Eisen-Detektor die Felder bei Beindersheim Meter um Meter ab. Wenn das Gerät anschlägt, ist es meistens Schrott. Bis gestern. Nach einem Drittel von einem 56.000 Quadratmeter großen Gebiet. „Gut, wenn die Meldung endlich positiv ist. Positiv für uns", sagt Heuer betont gut gelaunt. Für den 59-Jährigen ist das alles Alltag. „Routine darf es aber nicht werden. Sonst wird man leichtsinnig." Heuer war vorher bei der Bundeswehr als Pionier, interessierte sich für die „Heißkampfmittel" und wie verschieden sie gebaut werden. Seine Lieblingsbombe? Er grinst breit. „Soll ich das wirklich verraten? Die Sexbombe."

Ein Scherz muss sein. So bleibt das Team locker, bevor es Hand an den Zünder legen muss. Bevor der Kopf mit dem Sandstrahler gereinigt wird. Bevor der Zünder von dem Sprengkörper getrennt wird und das „Baby" entschärft ist.

Ab 14 Uhr sperren die Polizei Frankenthal mit zehn Mann und die Freiwillige Feuerwehr Heßheim mit 15 Kräften alle Zufahrten zum Feld. Das Ordnungsamt evakuiert zehn Häuser. Eine Nachbarin steht unschlüssig in der Tür. „Müssen wir auch gehen? Es sieht so gefährlich aus", sagt sie mit Blick auf die vielen Einsatzkräfte. Einen zehn Meter breiten Krater würde die Bombe bei einer Explosion reißen, schätzen die Experten. Hunderte Meter weit könnten die Splitter fliegen - und auch jemanden verletzen, der gerade im Garten arbeitet.

„Es geht los", tönt es um 14.55 Uhr aus dem Sprechgerät des Einsatzleiters der Polizei. Wenige Minuten später ist Entwarnung. „Genau 4,32 Minuten", sagt Heuer. Natürlich nur ein Scherz. Er hatte keine Zeit, auf die Uhr zu gucken. Er musste feststellen, warum die Zündung nicht funktionierte. „Sie ist beim Abwurf nicht entschärft worden", erklärt Heuer. Etwa zehn Prozent der abgeworfenen Bomben seien „Blindgänger". Ob er schon einmal erlebt hat, dass beim Entschärfen etwas schief läuft? „Nö, sonst wär ich ja nicht mehr da", erwidert er. Aber zwei Kollegen aus Essen, von denen habe man danach nichts mehr wiedergefunden. „Vielleicht Gedärme in den Bäumen", sagt Heuer. Während seine jüngeren Kollegen tief an der „Zigarette danach" ziehen, wirft er ein Bonbon ein. Er hat längst aufgehört mit dem Rauchen. Morgen geht es weiter mit der Suche. Denn das Team vermutet noch mehr Weltkriegsbomben in dem Gebiet. Vielleicht Relikte von jenem Tag im September. (jel)

 

Quelle: Verlag: DIE RHEINPFALZ; Publikation: Frankenthaler Zeitung; Ausgabe: Nr.60; Datum: Dienstag, den 11. März 2008; Seite: Nr.15


 
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