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16.07.2012 - Rheinpfalzartikel - Feuerwehrverband

Aus der Rheinpfalz vom 16.07.2012:

Wenn eine Feuerwehr bei einem Brand nicht genug Einsatzkräfte zur Verfügung hat oder Verstärkung braucht, helfen oft Wehren aus der Nachbarschaft mit Personal aus. Foto: Van

Alarm schrillt bei Feuerwehrverband

Landesrechnungshof empfiehlt Auflösung kleiner Dorf-Feuerwehren - Verbandspräsident Otto Fürst: Milchmädchenrechnung

NEUSTADT/SPEYER (ck). Beim Landesfeuerwehrverband schrillen die Warnglocken. Nicht etwa, weil es irgendwo brennt. Es ist vielmehr der Landesrechnungshof, der mit seiner Forderung, aus Kostengründen Dorf-Feuerwehren zusammenzulegen, den Verbandspräsidenten Otto Fürst (Neustadt) alarmiert hat.

"Bei uns löst die Empfehlung, durch das Schließen kleiner Feuerwehreinheiten Geld zu sparen, heftiges Kopfschütteln aus", kommentierte Fürst die Feststellungen der Speyerer Behörde, wonach es in manchen Regionen in Rheinland-Pfalz eine Überversorgung mit Feuerwehrstandorten gebe.

Als Beispiel nennt der Rechnungshof Verbandsgemeinden, in denen mehr Ortsfeuerwehren als Ortsgemeinden existierten. So seien in einer Gebietskörperschaft mit 44 Ortschaften insgesamt 54 Feuerwehreinheiten gebildet worden. In einigen kleinen Dörfern mit weniger als 700 Einwohnern würden bis zu vier Feuerwehreinheiten mit eigenem Fahrzeugbestand und technischer Ausrüstung vorgehalten.

Laut Rechnungshof hatten zwei Drittel aller Wehren keine oder weniger als fünf Einsätze jährlich. Mit einer "Straffung der Standorte" lasse sich die Feuerwehrorganisation ohne Qualitätsverlust verbessern und gleichzeitig der Aufwand reduzieren. Deshalb empfiehlt der Rechnungshof den Verbandsgemeinden als Träger der Feuerwehr, im Zusammenwirken mit den Feuerwehren und im Einvernehmen mit den Ortsgemeinden "eine Konzentration der Standorte vorzunehmen".

"Wenn man nur auf die reinen Zahlen sieht, dann kommt eine Milchmädchenrechnung heraus", sagte Feuerwehrverbandspräsident Fürst im Gespräch mit der RHEINPFALZ. "Wer jetzt kurzfristig durch eine Auflösung Geld spart, hat das Ehrenamt an dieser Stelle langfristig verloren und kommt nicht umhin, Hauptamtliche einzustellen", gibt der Präsident zu bedenken. Das komme aber die Kommunen um ein Vielfaches teuerer zu stehen. Einen Löschzug mit Berufsfeuerwehrleuten rund um die Uhr vorzuhalten, schlage allein schon bei den Personalkosten mit jährlich rund 4,5 Millionen Euro zu Buche.

Vor diesem Hintergrund hätten auch kleine Ortsfeuerwehren ihre Existenzberechtigung, ja, sie seien sogar dringend notwendig, weil sie bei einer Alarmierung einer Nachbarwehr dieser mit Personal aushelfen könnten. "Das kommt inzwischen öfter vor als uns lieb ist", sagte Fürst. Zwar gewährleiste die derzeitige Struktur der Feuerwehren in Rheinland-Pfalz nach wie vor, dass jede Wehr in der Regel innerhalb von acht Minuten am Einsatzort sei. Weil aber auch die Feuerwehr mit Mitgliederschwund und Nachwuchsmangel zu kämpfen habe, sei es mancherorts schwierig, in der Tagesalarmbereitschaft genügend Feuerwehrleute zusammenzurufen. "Am Tage werden daher oft mehrere Einheiten parallel alarmiert, um das benötigte Personal zum Einsatz zu bringen", erklärte Fürst.

So werde zum Beispiel in Neustadt, das in vier Ausrückbereiche eingeteilt ist, beispielsweise bei einem Brand im Ausrückbereich Mitte auch die Löschgruppe des Stadtteils Haardt alarmiert. Diese Struktur sei möglich, weil man nach der Verwaltungsreform 1969 und der Eingemeindung umliegender Dörfer ins Neustadter Stadtgebiet die Ortsteileinheiten der Feuerwehren erhalten habe, etwa als Löschzug wie in Hambach/Diedesfeld, in Mußbach oder Lachen-Speyerdorf oder als Löschgruppe wie in Königsbach, Gimmeldingen, Haardt, Duttweiler und Geinsheim, sagte Fürst, der auch Stellvertretender Stadtfeuerwehrinspekteur von Neustadt ist.

Noch gravierender sei das Personalproblem in ausgeprägt ländlichen Regionen. "Natürlich könnte man rein theoretisch die kleinen Ortsfeuerwehren auflösen und die Einsätze auf die größeren Stützpunktfeuerwehren umlegen", sagte Fürst. "Aber damit wäre nichts gewonnen - im Gegenteil." Denn logischerweise würden dann auf eine Stützpunktfeuerwehr mehr Einsätze zukommen. Weil aber auch die Stützpunktwehren überwiegend mit ehrenamtlichen Feuerwehrleuten besetzt sind, würde die Belastung für die Ehrenamtlichen steigen, was sich wiederum auch auf deren Familien auswirke. Zudem führe eine erhöhte Einsatzfrequenz zu Problemen mit den Arbeitgebern, die ja ihre Mitarbeiter für die Einsätze freistellen müssten.

Bereits heute könnten viele Ehrenamtliche die steigenden Belastungen kaum noch ertragen. "Wenn dann die Familie noch mehr zu kurz kommt und der Arbeitgeber mehr und mehr die Stirn runzelt, bröckelt das Engagement für die Feuerwehren", so Fürst. "Und das in einer Zeit, in der viel davon gesprochen wird, dass man das Ehrenamt attraktiver gestalten und stärker stützen müsse", fügte er hinzu.

Aber warum könnte man denn nicht bei der Auflösung einer Dorf- oder Ortsteilfeuerwehr deren Mitglieder in die Stützpunktwehr integrieren? Dann wäre doch das Personal wie gehabt vorhanden, nur eben nicht in einer kleinen Ortsfeuerwehr organisiert, sondern im größeren Verband. "Die Erfahrung lehrt uns: Wenn Sie eine Ortswehr schließen, sind die Leute für immer weg", antwortete Fürst auf diese Frage. "Das hat etwas mit den gewachsenen Strukturen zu tun, mit der Bereitschaft, sich im Heimatort zu engagieren, viel weniger aber in Einrichtungen außerhalb."

 

Quelle: DIE RHEINPFALZ, 16.07.2012, Aus dem Südwesten

 


 
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